Neue Lernkultur und Leistungsbeurteilung

Im Anschluss an die neueste Bildungsforschung bemühen wir uns an der IGS Süd darum, den Schülerinnen und Schülern Rückmeldungen zu ihren Lernprozessen zugeben, die gleichzeitig Lernbegleitung und Förderung darstellen. Somit setzen wir auf eine breitere Leistungsbeurteilung als Ziffernnoten das überhaupt erlauben.

Die Professorin Prof. Dr. Silvia-Iris Beutel der Technischen Universität Dortmund forscht seit langem zur Frage der lernförderlichen Leistungsbeurteilung und untersucht dazu u.a. Schulen, die mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet sind.

Sie können hier einen Vortrag von Prof. Dr. Beutel hören, in dem sie den aktuellen Forschungsstand präsentiert und wichtige Impulse für die schulische Arbeit gibt.

Was sagt eine "3" in Mathe?

Wir kennen es alle selbst aus unserer eigenen, schulischen Laufbahn und es hat sich bis heute kaum geändert. Schule und Noten sind so fest miteinander verknüpft, dass das eine ohne das andere kaum denkbar erscheint. Aber was sagen Noten eigentlich aus? Und was kann man nicht aus ihnen schließen? Das hängt sicher von der Perspektive an.

Aus der Perspektive der Eltern lässt sich feststellen, wo im Ranking das eigene Kind im Vergleich zum Rest der Klasse steht. Eltern können daraus mutmaßen, inwieweit das Kind im Stoff „mitkommt“ oder ob Lücken bestehen. Alle anderen Aussagen, etwa wo genau die Lücken sind und wie diese geschlossen werden können, sind schwer zu treffen. Ebenso sagt die Note nichts über andere Einflüsse, wie etwa Prüfungsangst, Konflikte an diesem Tag usw. aus.

Aus Sicht der Kinder sagt eine 3 in Mathe, dass es eine befriedigende Leistung ist, nicht gut und nicht schlecht. Es sagt aus, dass einige Kinder besser waren und einige schlechter. Wie das empfunden wird, hängt sicher von der Persönlichkeit des Kindes ab, aber vor allem vom Ranking! Je weiter vorne, desto besser! Die Note erlaubt kaum eine Aussage darüber, ob die Bruchrechnung beherrscht wird, ob das Kind das Gelernte im Alltag anwenden kann und welche Bereiche es noch üben muss, um besser zu werden. Ganz im Gegenteil: Häufig endet eine Unterrichtseinheit mit einer Klassenarbeit. Selbst wenn das Kind weiß, was es noch verbessern kann – jetzt ist es zu spät, denn ein neues Thema beginnt! Dass erfolgreiche Lernprozesse anders aussehen ist offensichtlich!

Was kann das bedeuten für Lernprozesse an der IGS Süd?

Noten sind unserer Überzeugung nach nicht der geeignete Bewertungsmaßstab, um Kinder kompetenzorientiert und erfolgreich in ihrem Lernen zu unterstützen. Sinnvoller als eine Note ist ein individuelle Rückmeldung über die erreichten Kompetenzen und die möglichen Entwicklungsschritte. Das eröffnet, die Möglichkeit, an diesem Punkt weiterarbeiten zu können. Zur Feststellung der Kompetenzen sind oft andere Methoden besser geeignet als Klassenarbeiten und Tests. In Präsentationen, Gesprächen oder Diskussionen zeigen sich viele Kompetenzen umfassender. Verbunden mit einer Rückmeldung über die Stärken, die Fortschritte und die Aspekte, die verbesserungswürdig sind, steht dann erfolgreichem Lernen nichts mehr im Wege.

Als staatliche Schule geht es nicht ganz ohne Noten, und für den Schulabschluss sind sie auch wichtig. Bis dahin jedoch sollen sie nur als Ergänzung verstanden werden zu schriftlichen oder mündlichen Rückmeldungen, die eine Wertschätzung für das Geleistete ausdrücken und den Blick auf das richten, was noch besser gemacht werden kann. Unser langfristiges Ziel ist es, bis zur Klasse 8 keine Noten geben zu müssen. Ob das gelingt, hängt von mehreren Faktoren ab. Wir sehen uns unterstützt durch die aktuellen Forschungen aus den Feldern Lernen und Motivation (s.o.) und wir freuen uns, dass die Eltern unserer Schülerinnen und Schüler umfangreiche und kompetenzorientierte Rückmeldungen der Ziffernnote vorziehen.  

Auch viele Firmen und Unternehmen setzen übrigens nicht mehr auf Noten und Ziffernbewertung und sehen zu wenig Aussagekraft in Ziffern-Zeugnissen von Bewerberinnen und Bewerber. Sie haben sich daher auch in der eigenen Mitarbeiterführung und Personalentwicklung davon verabschiedet.

Weit vor den reduzierten und Angst und/oder Vermeidungsverhalten auslösenden Ziffernbewertungen zählen Attribute wie Persönlichkeit, Kommunikationsfähigkeit, Diversitätskompetenz, Kreativität und praktische Erfahrungen - dies fördern wir an der IGS Süd in allen schulischen Lernzusammenhängen.

Artikel aus Human Resources Manager 3-2017 "Persönlichkeit zählt mehr als Noten"

Artikel aus der Frankfurter Rundschau "Schulnoten sind irrelevant"